Das Geheimnis der Cameo P6-Engine

Ein Blick hinter die Kulissen, wie in der Entwicklungsabteilung von Cameo eine LED-Engine entwickelt wird, am Beispiel des Profilscheinwerfers P6.
Cameo P6 LED Profile Spotlight Engine Development Process explained by Lighting Specialist Herbert Bernstädt

Zunächst steht nur der Wunsch im Raum, die alt bewährten 2,5 kW Profilscheinwerfer aus der Z-Brücke im Theater zu ersetzen. Daraus resultieren bereits viele Anforderungen an den neuen Scheinwerfer. Elementar sind die Anforderung von mindestens der gleichen Lichtstärke sowie eine Lichtqualität, die in etwa der der Halogenlampe entspricht. Natürlich kommen jetzt noch viele weitere Anforderungen hinzu – universell einsetzbar durch einen großen Zoombereich, kompakte Maße und so weiter. Da bereits farbig strahlende LED-Scheinwerfer im Theater Gang und gebe sind, sollte auch dieser Scheinwerfer nicht nur Halogenlicht ersetzen, sondern auch farbig strahlen können, um das Farbfolienwechseln zu vermeiden, bzw. mit den anderen farbigen LED-Scheinwerfern den gleichen Look zu erzeugen.

Warum Multifarb-LED-Einheit

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Große Farbpalette, eine hohe Lichtleistung, sowie gute Farbwiedergabe ist nur durch ein Multifarbarray zu erreichen. Mit Multifarbarrays ist es auch möglich, stufenlos von einem Warmweiß zu Kaltweiß zu wechseln – so wie sich die emotionale Stimmung im dramaturgischen Spannungsbogen ändert. Darüber hinaus kann das Multifarbarray das Weißlicht ins grünliche wie auch ins Magenta verschieben (Tint), so wie es für elektronische Kameras benötigt wird, um so einen vorgegebenen Weißpunkt der oft von anderen Lichtquellen bestimmt wird, zu erreichen.

Erster Versuch einer Multichip Anordnung mit einer bereits vorhandenen Engine.
Diese Lösung zeigte sich als nicht zielführend, da sich das Lichtfeld zu inhomogen präsentierte.

Welche Farben soll das Multifarb-Array aufweisen?

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Damit das Licht-Spektrum möglichst lückenlos ausgefüllt ist – insbesondere im Vergleich zum Halogenleuchtmittel, möchte man natürlich so viele LED-Farben wie möglich verwenden. Dem gegenüber steht jedoch die Eigenschaft, dass mit jeder weiteren Lichtfarbe die Helligkeit bei der Einzelfarbe stark abnimmt. Hier geht man einen Kompromiss ein, den wir für uns mit einem 6-Farb-Array beantwortet haben. Die nächste Mammut-Aufgabe ist die Auswahl der LED selbst. Eine LED auszuwählen, die auch noch in 7 Jahren erhältlich sein wird, wenn man das überhaupt vorraussagen kann, treibt einen natürlich zu brandneuen Marken-LEDs. Es soll eine Qualitäts-LED sein, die in einem sehr engen Binning erhältlich sein soll. Dazu müssen sie einen hohen Wirkungsgrad aufweisen und als Kernaufgabe eine sehr hohe Lichtleistung zur Verfügung stellen. Hieran erkennt man bereits, dass die Kriterien die Auswahl der in Frage kommenden LEDs bereits sehr einschränkt. Bevor man sich auf eine Marken-LED festlegt, werden verschiedene Lichtfarben in ihrer Praxiswirkung und im Zusammenspiel miteinander ausgetestet. Immer im Fokus, größtmögliche Lichtausbeute bei höchstmöglicher Farbwiedergabequalität.

Neue LED-Anordnung zum Austesten mit verschiedenen LED-Farben.

Farb-Platzierung

Als nächstes wird das Verhältnis der verschiedenen LED-Farben zueinander ermittelt, um möglichst bei gleichmäßiger Ansteuerung aller LED ein schön gemischtes Halogen-Weiß zu erhalten. Ist das Verhältnis zueinander bekannt, kann die Anzahl der LEDs auf die gewünschte Gesamtlichtstärke, hier ist die Zielmarke die eines 2,5 KW Halogenleuchtmittels, skaliert werden. Natürlich werden die skalierten „halben“ LEDs zu ganzen LEDs aufgerundet, wodurch man jetzt schon erahnen kann, dass die Lichtleistung, die eines 2,5 KW Halogen-Profilers übertreffen wird. Weitere Ray-Tracing-Simulationsprogramme kommen nun zu ihrem Einsatz, wobei Verschiedene Anordnungen der Leds auf der Board ausprobiert werden bevor man diese Leiterplatten herstellt. Die Lichtstrahl-Emissionen der LED-Anordnung werden mit der nachfolgenden Optik simuliert, um ein möglichst farblich homogenes Lichtfeld zu generieren. In der Simulation können bereits die Wirkung von Blendenschieber oder Iris mitberücksichtigt werden, so das auch die Abstände der strahlbegrenzenden Einschübe zur LED-Quelle bzw. zu den Optiken bestimmt werden können.

Color ray simulation
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Simulation mit einem speziellen Raytracing-Programms zum Vergleich zweier LED-Anordnungen im optischen System. Zu sehen sind die berechneten Projektionsflächen, insbesondere die Farbveränderungen an den simulierten Blendenschieber sind hier wertvolle Richtungsweiser.

Simulation mit einem speziellen Raytracing-Programm von unterschiedlichen Entfernungen der Iris zur LED und deren Auswirkungen.

Nachdem die Theorie die Grundlage zur optimalen Lösung geschaffen hat, muss nun die Realität zeigen, ob und wie die verschiedenen Kombinationen und Anordnungen zum besten Ergebnis führen. Hier ist das Auge im A-B-Vergleich das Maß aller Dinge. Hier werden alle Schwächen ersichtlich und können innerhalb der physikalischen Grenzen auch behoben werden.

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Unterschiedliche Anordnung der LED-Farben bei definierter Positionierung.

Der A-B Vergleich mit dem Auge, besser als jedes Simulationsprogramm oder Messgerät.

Halogen-Dimmerkurve

Steht die Hardware – sprich der Aufbau der LED-Engine fest – ist ein Testaufbau sinnvoll, damit man auch in der Lage ist, die Firmware in der Praxis zu testen. Für eine gute Halogensimulation werden in der Regel die Funktionen „Responsetime“ und „Dim to warm“ eingesetzt. Unter „Responsetime“ versteht man das Aus- bzw. An-Glimmverhalten beim Schaltvorgang. Hier wird die Zeitverzögerung beim Erwärmungsvorgang bzw. Abkühlungsvorgang des Wolframfadens des Halogenleuchtmittels nachempfunden. Beim P6 kann man diese entsprechend einem 1, 2 oder 5 kW Leuchtmittel umschalten, denn ein 5 kW Leuchtmittel ist von der Leuchtdrahtmasse wesentlich träger, als die Masse eines 1 kW-Leuchtdrahtes. Somit lässt sich der P6 optimal an die vorhandenen Scheinwerfer anpassen. „Dim to warm“ beschreibt dagegen die Farbtemperaturveränderung ins rötliche, wenn die Halogenlampe mit weniger als ‚voll‘ durchgesteuert betrieben wird. Um jedoch eine perfekte Halogensimulation zu erreichen, muss auch die Dimmerkurve entsprechend angepasst werden. In der Regel steuert ein Lichtstellpult einen Phasenanschnittsdimmer für Halogenlicht linear an. Durch die Kette „Dimmer – Halogenlicht“ resultiert ein Helligkeitsverlauf, der alles andere als linear ist und sich völlig anders verhält, als wenn eine LED linear angesteuert wird. Deshalb kann man beim P6 die Dimmerkurve nicht nur in den üblichen Linear, Expo, Log und S-Curve einstellen, sondern auch in Dimmerkurve-Halogen.

Nicholas Heck, B.Sc. Research & Development Engineer, Light Technology begutachtet die Lichtqualität in Bezug auf Homogenität im Laboraufbau.

Kalibrierung

Auch wenn LEDs mit einem sehr engen Binning verwendet werden, so holt ein Kalibrierungssystem doch noch einiges mehr aus dem LED-System heraus, insbesondere wenn dazu eigens spezielle Algorithmen entwickelt wurden und eingesetzt werden, um z.B. den Einfluss verschiedener Temperaturen oder Alterungsprozesse der LED zu berücksichtigen. Die Scheinwerfer müssen auch nach einem späteren Zukauf bzw. weiteren Produktionschargen, den gleichen Farbraum zur Verfügung stellen. Ebenso zur Kalibrierung gehört das Dimmverhalten, das beim Abdimmen dafür sorgt, dass der Farbort nicht verschoben wird. Insbesondere wenn man im untersten Stellbereich aus dem Nichts heraus ganz langsam auf- bzw. abdimmt. Das, was mit dem Halogenleuchtmittel möglich ist, muss auch hier von der LED-Engine umsetzbar sein. Wir sprechen beim P6 dabei von theatertauglicher Dimmung.

Ein Kalibriersystem beim Cameo-Service in Neu-Anspach. Auch wird jeder Scheinwerfer am Ende eines Herstellungsprozesses kalibriert. Dafür werden mehrere genau gleich aufgebaute Kalibriersysteme unterhalten.

Höchste Farbqualität oder höchste Helligkeit

Die Algorithmen, die in der Kalibriereinheit hinterlegt sind, weisen noch zwei weitere Schmankerl auf. Einmal kann man bei den 241 vordefinierten LEE-Farb-Presets auswählen, ob die gewählte Filterfarbe so erscheint, als wenn sie mit einem Halogenleuchtmittel oder mit einer Entladungslampe durchleuchtet werden. Die nächste Steigerung der Ansteuerungstechnik ist die Wahlmöglichkeit, ob man die größte mögliche Helligkeit in der Lichtfarbe erreicht, indem die LEDs zur Farbmischung voll durchgesteuert werden, oder die bestmögliche Farbwiedergabe angestrebt wird, indem die LEDs so zueinander angesteuert werden, dass möglichst die Lichtfarben zusammen ein möglichst geschlossenes Spektrum bilden.

High brightness
High quality

Messprotokolle zur Optimierung der verschiedenen Ansteuerungen für höchste Farbqualität oder größte Lichtausbeute (Links – opt. Helligkeit rechts opt. Farbqualität.)

Fazit

Mehrere Jahre Entwicklungsarbeit stecken in dem P6 und seiner LED-Lichtquelle. So verwundert es nicht, dass der P6 bei einer Farbtemperatur von 5600 K einen Ra von 98 aufweist und das bei einem Lichtstrom von 16.000 lm. Während bei der Halogen-Farbtemperatur von 3200 K sogar der R9 unfassbare 99 aufweist und das in der angestrebten Theaterqualität.


Weitere Informationen:
cameolight.com
adamhall.com

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